Im Oktober 2017 entschieden Elma Cizmic - Leiterin der Praxis für Ergotherapie beim Arbeiter-Samariter-Bund Gesellschaft für Seelische Gesundheit mbH aus Bremen und ich, Susann Lüders - Lehrerin an der BBS Nienburg/Weser uns gemeinsam an einem fünftägigen Projektaufenthalt in Breda/Niederlande teilzunehmen.

Im Vordergrund für uns stand "Lernen von Kollegen" bzw. "jobshawdoing". Diese Möglichkeit bietet das Eurocom Projekt, indem es den Austausch von Lehrern und Fachpraktikern in europäischen Ländern fördert.

Nach der Ankunft mit dem Zug in Breda, konnten wir bereits erste Eindrücke des Berufsbildungssystems beim Check-in in unser Hotel gewinnen. Das Hotel "De Rooi Pannen" in Breda ist ein "nur" von Schülern geführtes Hotel. So bekamen wir unsere erste Hotelführung und Empfehlungen für Breda von einem souveränen jungen Mann im zweiten Ausbildungsjahr zum Hotelfachmann. Breda ist eine Gemeinde der niederländischen Provinz Nordbrabant, im Süden der Niederlande mit ca. 180.000 Einwohnern.

Das erste Treffen fand am Montagnachmittag statt. Wir lernten etwas 15 weitere Kolleginnen aus sechs europäischen Ländern kennen - Spanien, Griechenland, Finnland, Norwegen, Dänemark und Italien. Nach der offiziellen Begrüßung wurden wir über den Verlauf der Woche informiert und erhielten Informationen über unseren Besuch für die kommenden zwei Tage in unseren jeweiligen Einrichtungen. Den Abend ließen wir mit einem typisch niederländischen Essen ausklingen.

In verschiedenen Gruppen und zu verschiedenen Zeiten fuhren wir am 2. Tag in unsere Einrichtungen, z.B. Werkstätten für Menschen mit Beeinträchtigung, Einrichtungen der Kinderbetreuung, ambulante Pflegedienste oder Altenpflegeheime. Dort verbrachten wir den Tag in uns vertrauten Berufsfeldern in Breda oder der Provinz Nordbrabant. Einige von uns konnten während der nächsten zwei Tage auch zwei oder drei verschiedene Einrichtungen besuchen. Die Verständigung auf Englisch funktionierte für den Großteil der Gruppe sehr gut und alle Mitarbeiter*innen in den Einrichtungen beantworteten gern unsere Fragen.

Ich besuchte eine Einrichtung der Altenpflege in der Stadt Rijserf.

 

Im Avoord Altenpflegeheim leben circa 96 Bewohner*innen, von denen etwa 50 auf Pflege angewiesen sind. Nicole, eine langjährige Mitarbeiterin begrüßte mich sehr herzlich und gab mir eine Führung durch das teilweise neu gebaute Gebäude und das weitläufige Gelände. Avoord ist einer der größten Anbieter für Pflege in den Niederlanden und betreibt in der Provinz Nordbrabant noch weitere Einrichtungen und ambulante Pflegedienste. Besonders beeindruckt war ich von der liebevollen und ruhigen Arbeit. Es wurde sich die Zeit genommen, die die Patienten brauchten. Im Vordergrund für Nicole und ihre Kollegen stand immer die Erhaltung der Selbstständigkeit der Patienten - egal wie lange es dauert den Pullover selbst anzuziehen, die Mitarbeiterinnen blieben geduldig. Man nahm sich auch die Zeit zum Frühstück ein Ei für den Patienten zu kochen oder ein Toastie zuzubereiten.

 

Erinnerungsstücke für dementiell erkrankte Menschen.

Am zweiten Tag nahm ich an einer interdisziplinären Besprechung teil. Einmal im Monat treffen sich die Mitarbeiterinnen, Therapeuten und Hausärzte, um dringliche, schwierige oder auch außergewöhnliche Begebenheiten zu besprechen. Aus Deutschland kenne ich dies nicht. Zur Mittagszeit war ich im Bereich für Demenzerkrankte. Hier beeindruckte mich die Gestaltung (siehe Bilder). Demenzerkrankte Menschen sind sehr unruhig und laufen häufig umher. In der Altenpflegeeinrichtung in Rijserf waren die Wände so gestaltet, dass man dachte man läuft in einer Straße. Die Bewohner blieben immer wieder stehen und schauten sich die Wände an. Außerdem lernte ich die "Zaubertafel" kennen, eine Art interaktives Board, welches den Bewohnern ermöglichte, Seifenblasen platzen zu lassen oder Blumen blühen zu sehen. Abschließend betrachtet war der Besuch der Einrichtung sehr lehrreich und regte zum Nachdenken an, weil durch die in Deutschland gegebenen Strukturen in der Pflege, viele der gesehenen Ansätze nicht oder nur schwer umsetzbar sind - Stichwort Personalmangel in der Pflege.

Elma besuchte an den zwei Tagen drei verschiedene Einrichtungen der Amarant Gruppe in Breda: eine Werkstatt für Menschen mit Beeinträchtigung, ein Wohnheim für Jugendliche mit psychosozialen Problemen und einen Bauernhof mit Therapietieren. Auch sie war beeindruckt von der Arbeit der Ergotherapeuten*innen, die sehr viel ruhiger und konstanter verlief.

Am vierten Tag des Aufenthalts besuchten wir gemeinsam das Vitalis college in Breda. Besonders beeindruckt waren wir von der Ausstattung der Räume. Die Schule für Sozial- und Pflegeberufe hatte acht sehr gut ausgestattete Pflegeräume.

Anschließend evaluierten wir den Aufenthalt mit Hilfe eines Fragekatalogs. Am frühen Abend besuchte man gemeinsam eine Brauerei und ließ den Abend ausklingen.

Am Freitagmorgen verabschiedete man sich und alle traten ihren Heimweg an - den Kopf voll von schönen Erlebnissen, spannenden Anregungen und einem guten Gefühl.