Praktikum als Konstruktionsmechanikerin in Schweden bei Statkraft

 

 

 

Mit der Infoveranstaltung in der Schule zum Erasmus+ Projekt stand für mich fest, dass ich diese unglaublich schöne Möglichkeit über den Tellerrand zu schauen und im Rahmen der Ausbildung, die Arbeit in einem anderen Land, einer fremden Kultur und einer neuen  Firma kennen zu lernen, unbedingt wahrnehmen möchte.

 

Also wurde kurzer Hand eine PowerPoint Präsentation erstellt, mein Ausbilder überredet, der Bauhofsleiter überzeugt, Statkraft Dörverden kontaktiert, da in meinem Fall die Wahl des Praktikumsplatzes, in der Branche der erneuerbaren Energien im Vordergrund stand, und damit ein Stein ins Rollen gebracht.

 

Zunächst wurde ich in Deutschland zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen, wobei ich feststellen musste, dass der Ort des Geschehens nichts an der Sprache änderte und Englisch gesprochen wurde.

 

Aus dem Gespräch  ergab sich, dass mein Praktikum in der Zweigstelle Statkrafts in Laholm/Halland  stattfinden würde. Darüber hinaus bekam ich das Angebot ein einwöchiges überbetriebliches Praktikum bei Statkraft  Dörverden zu absolvieren, welches ich natürlich dankend und voller Vorfreude annahm und sich zu dem als äußerst interessant herausstellte.

 

Ich hatte das Glück auf meiner Seite, so dass ich im Zeitraum einer Revision bei Statkraft arbeiten konnte, bei der eine Kaplanturbine nahezu vollständig zerlegt wurde. Die Arbeit dort machte mir unglaublich viel Spaß, da ich bis zum unteren Teil der Anlage gehen und mir alles anschauen konnte, wobei mich die Größe und Präzision der fast 70 Jahre alten Anlage überwältigte. Auch die zuständigen Kollegen dort waren sehr freundlich und hilfsbereit und erklärten mir alles bis ins kleinste Detail.

 

Nach einer viel zu kurzen Woche in Dörverden ging es am Wochenende für mich mit dem Auto nach Laholm. Über Airbnb hatte ich ein kleines Zimmer mit Bad gefunden, bei welchem ich Küche und Waschmaschine der Hausbesitzer mitnutzen durfte. Am Sonntag Morgen starteten wir also pünktlich um 3.00 Uhr mit vollgepacktem Auto nach Rødby, von wo aus wir mit der Fähre nach Puttgarden übersetzten. In den Genuss einer zweiten Fährfahrt kamen wir in Helsingør nach Helsingborg,  von dort aus ging es dann weiter nach Laholm. Gegen 10.30 Uhr wurden wir dann überaus freundlich von meinen Vermietern empfangen und direkt zu einer schwedischen Fika  (Kaffeepause) eingeladen. Danach durfte ich mein kleines, aber feines Zimmer beziehen.

 

Am Montag Morgen begann mein erster Arbeitstag um 8.30 mit einer kleinen Vorstellungsrunde, der Ausstattung mit Arbeitsbekleidung und um 9.00 Uhr – ganz wichtig – Frühstückspause. Nach dem Frühstück fuhr ich dann mit einem Kollegen in ein nahegelegenes Kraftwerk, wobei er mir einiges über die Geschichte des Unternehmens und der Schwedischen Wasserkraft erklärte. Gegen Mittag ging es für mich dann wieder zurück ins Büro wo eine Sicherheitsunterweisung auf mich wartete, die den Rest des Tages in Anspruch nahm.

 

Meine erste Woche gestaltete sich dann überwiegend so, dass ich meinen Arbeitskollegen bei der wöchentlichen Inspektion der Kraftwerke, Dämme, Messpunkte und Pegel begleiten durfte. Hierbei bekam ich einen Überblick über die Anlagen, die von Statkraft Laholm betreut werden. Während der Inspektion gehörte es zu unseren Aufgaben die elektrischen Leistungswerte, die Funktion der Mechanik, die Hydraulikeinheiten, Batterien und Filteranlagen zu überprüfen, sowie die Ölfangbecken unter den Trafos auszupumpen. Darüber hinaus verbrachten wir sehr viel Zeit im Auto, was ich, auf Grund des guten Musikgeschmackes meines Kollegen und der traumhaft schönen Landschaft Südschwedens, mit den kleinen roten Häuschen, Seen und Wäldern, als sehr schönen Zeitvertreib empfand. Zeitweise kam ich mir vor wie auf einem Urlabsroadtrip und bin unglaublich froh einen so schönen Arbeitsplatz gefunden zu haben, dass ich mir bereits nach der ersten Woche wünschte, ich könnte länger als zwei Monate bleiben.

 

In der darauffolgenden Woche bekam ich verschiedene Aufgaben, da sich schnell herausstellte, dass Statkraft in Laholm nicht über eine Stahlbauwerkstatt verfügt. Neben der Teilnahme an einem Meeting zum Stand der Umbaumaßnahmen am Kraftwerk Ängabäck, Sicherheitsbegehungen und Analyse, erhielt ich einige Einblicke in das einrichten, verkabeln und Programmieren von Radiokommunikationseinrichtungen, bei denen Statkraft eine alte Militärfrequenz  aus dem zweiten Weltkrieg nutzt. Weiterhin durfte ich bei der Trennung und Inbetriebnahme einer Hochspannungsleitung mitarbeiten und mit meinem Arbeitskollegen die Jährlichen Überprüfungen der Notstrom Batterien durchführen. Mein Kollege nahm sich dabei alle Zeit mir alle Fragen zu beantworten und ich konnte viel über Elektrotechnik lernen, was mir sehr großen Spaß machte und mein Interesse weckte mehr darüber zu erfahren. Um mich nicht vergessen zu lassen, weshalb ich hergekommen war, wurden jedoch auch schnell einige Metallbearbeitungsprojekte gefunden, die in den letzten Jahren auf der Strecke geblieben waren und teilweise professionell mit Panzerband geflickt worden waren. Denn um meinen Kollegen zu zitieren: „Es ist erst kaputt, wenn man es nicht mit Panzerband flicken kann und es ist auch kein Pfusch, solange es funktioniert ;).“

 

Einige weitere Projekte waren die Planung und Herstellung eines Fallschutzgeländers zur Personenrettung, eine fehlendes Gitterrost in der Aalfangstation, eine Halterung für einen Schaltschrank, sowie ein weiteres Geländer. Die Planung und Einteilung meiner Arbeit war mir stets selbst überlassen, was jedoch auch bedeutete, dass ich mir alle Fragen selbst beantworten, alle Probleme alleine lösen und mir alles, was ich nicht wusste, selbst beibringen musste. Durch die Freiheit in dem was ich tat machte mir die Arbeit umso mehr Spaß, da ich durch das selbstständige Arbeiten sehr viele Erfahrungen sammeln und lösungsorientiertes Arbeiten trainieren konnte.

 

 

 

Um es ja nicht langweilig werden zu lassen, durfte ich in der fünften Woche meines Aufenthaltes an einer zweitägigen Dienstreise ins Hauptbüro nach Oslo teil nehmen. Nach einem halben Arbeitstag, an dem ich die Möglichkeit  bekam mich ausführlich mit Schulsachen, Berichtsheften, PowerPoint Präsentation und anderen interessanten Dingen zu beschäftigen, fuhr um 15.30Uhr unser Zug nach Göteborg ab, von wo aus wir dann mit einer Art ICE weiter nach Oslo reisten. In Oslo konnte ich dann gegen 22.00 Uhr endlich mein Hotelzimmer im 30. Stockwerk beziehen, welches neben einer traumhaften Aussicht über die die Stadt auch über ein sehr gemütliches Bett verfügte, in das ich mich todmüde fallen lies. Am folgenden Tag begann die Arbeit pünktlich um 7.00 Uhr mit einer Führung durchs Hauptbüro. Hier war ich sehr beeindruckt davon, wie sehr Statkraft auf eine angenehme Arbeitsatmosphäre und die Zufriedenheit der Angestellten achtet: Besprechungsräume ausgestattet mit gemütlichen Sofas, eine Kaffeebar mit frischem Gebäck und warmen Getränken, sowie eine gemütliche Kantine vermittelten einen sehr wohnlichen und komfortablen Eindruck. Die Entwicklung und Forschung an kostengünstiger, kabelloser Datenübertragung war während unseres Aufenthalts  Hauptthema. Im Büro trafen wir uns zunächst mit der Projektgruppe meiner Kollegin, um über den neusten Stand des Projekts zu sprechen, neue Ideen zu sammeln und an der Umsetzung zu arbeiten. Später statteten wir dann einigen Ingenieuren im Labor einen Besuch ab. Hier wurde mir die funktionsweise der Kommunikationseinheit und des Thermostats, die Programmierung und der Aufbau der einzelnen Komponenten näher gebracht und die Versuche zur Kommunikation auf lange Distanzen, z.B. an Windkrafträdern und durch Betonwände, aus einem Damm heraus, demonstriert. Außerdem durfte ich mich im Labor umsehen und den 3D Drucker bewundern. Nach der Mittagspause fand ein Meeting mit einem potenziellen Partner und Investor des Projekts statt. Zum Abschluss eines langen, aber sehr interessanten Arbeitstages schlenderten wir noch kurz durch die Straßen Oslos, um am Abend unseren viel zu kurzen Ausflug zu beenden und mit dem Bus nach Laholm zurück zu kehren.

 

Die folgenden Wochen verliefen wie gewohnt in einer Mischung aus Instandsetzungsarbeiten, Inspektionsrundgängen, Vorbereitungen auf den nahenden Winter und vielen Kilometern im Auto.

 

In meiner Freizeit verbrachte ich oft Zeit mit meinen Arbeitskollegen, machte Ausflüge nach Halmstad, Göteborg und Båstad, sowie eine Wandertour an der felsigen Westküste. Natürlich durfte auch wöchentlicher Reitunterricht nicht fehlen, da ich schnell merkte, wie sehr ich mein Hobby vermisste.

 

Ein besonderes Erlebnis während meines Aufenthaltes war eine private Führung durch die Universität in Halmstad, bei der ich mir das Gelände, Büros und Hörsäle anschauen durfte und sehr viele Informationen zum schwedischen Studiensystem, sowie dem Studiengang Energie und Umwelttechnik erhielt, welcher mich sehr interessiert und mich noch mehr dazu bewegt hat, darüber nach zu denken ein Studium in meine Zukunftsplanung mit einzubringen.

 

Kurz vor meiner Abreise besuchte mich meine jüngere Schwester, der es sogar erlaubt war, mich zwei Tage lang zur Arbeit zu begleiten, wobei sie mir tatkräftig zur Seite stand und auch direkt in die Arbeit mit eingebunden wurde.

 

Nach ihrer Abreise wurde mir schnell klar, dass es auch für mich in weniger als zwei Wochen an der Zeit war, meine Koffer zu packen und mich wieder auf den Weg nach Hause zu machen. Also genoss ich die, mir Verbleibenden, Tage umso mehr und war schon ein bisschen traurig diesen schönen, vielseitigen und abwechslungsreichen Arbeitsplatz mit den vielen netten Kollegen vorerst verlassen zu müssen, freute mich andererseits aber auch ein kleines bisschen auf zu Hause. Um dem Praktikum einen gebührenden Abschluss zu bereiten und mich von meinen Kollegen zu verabschieden, organisierten wir noch einen gemeinsamen Ausflug zum LaserTag, sowie ein anschließendes Abendessen in einem Restaurant.

 

Rückblickend auf meine Reise nach Schweden bin ich mehr als glücklich mich für das Erasmus+ Projekt und vor allem für Statkraft als Praktikumsbetrieb entschieden zu haben. Neben einer Menge Spaß brachte mir diese Zeit sehr viele neue Erfahrungen und Eindrücke, auf persönlicher und beruflicher Ebene. Es hat mir so neue Perspektiven für meine Zukunft eröffnet und meine Neugier nach Neuem und Unbekanntem noch mehr angetrieben und mir gezeigt, dass auch eine berufliche Entwicklung im Ausland eine spannende und durchaus mögliche Option für mich sein kann. Außerdem bin ich all jenen, die mir das ermöglicht haben, sehr dankbar und überglücklich so viele tolle Menschen kennenlernen durfte, mit denen ich hoffentlich noch lange in Kontakt bleiben werde.