Eibiswald/Österreich vom 30. Mai bis 03. Juni 2016


Im Rahmen des Projektes BBS Ni "focus your future" haben Oliver Arndt und Reiner Kochanke die Landesberufsschule Eibiswald sowie die Firmen Elektro Föchterle und AVL List GmbH in Graz besucht. Zukünftig sollen Auszubildende der BBS Neustadt/Rbge im Bereich Elektrotechnik, Informationstechnik und Mechatronik die Möglichkeit erhalten, in Betrieben in der Steiermark im Rahmen des ERASMUS+-Programms zu lernen. Außerdem ist es geplant, dass sie für eine Woche in Eibiswald zur Berufsschule gehen, um andere Auszubildende und die österreichische Berufsausbildung kennenzulernen.

Im Gegenzug möchten wir Auszubildenden aus Österreich die Möglichkeit bieten, im Rahmen des ERASMUS+-Programms in Elektrobetrieben in der Region Hannover zu lernen. Die Vermittlung der Schüler soll zukünftig sowohl über die Landesberufsschule Eibiswald als auch über die BBS Neustadt/Rbge erfolgen.


Der Austausch begann am Montag, den 30.05.2016. Oliver Arndt von der Firma Wahl GmbH & Co und Reiner Kochanke von der BBS Neustadt/Rbge sind in Hannover um 08:25 Uhr gestartet, um nach Wien zu fliegen. Der Flug war ursprünglich für den Sonntagabend geplant gewesen; aufgrund einer Bombenräumung am Flughafen Langenhagen wurde der gebuchte Flug storniert, wir wurden auf Montag umgebucht.
Nachdem wir Wien erreicht hatten, fuhren wir mit einem Mietwagen weiter nach Eibiswald, um uns mit dem dortigen stellvertretenden Schulleiter der Landesberufsschule Eibiswald – Herrn Gernot Grinschgl - zu treffen. Wir trafen uns direkt im Hotel und besprachen den zeitlichen Ablauf der nächsten Tage. Anschließend konnten wir einen ersten Einblick in die Berufsschule gewinnen, in die wir von Herrn Grinschgl eingeladen wurden. Am Abend konnten wir den Ort und die Umgebung erkunden.Eibiswald ist eine Marktgemeinde in der Steiermark mit ca. 6500 Einwohnern und liegt südlich von Graz ca. 10 km vor der slowenischen Grenze. Die Berufsschule bildet alle Elektro- und Elektronikberufe der Steiermark aus. Im Vergleich zu den niedersächsischen Berufsschulen ist hier das Besondere, dass alle Schüler für einen Block von 9 1/3 Wochen zur Schule gehen und in dieser Zeit alle Inhalte, Prüfungen und Projekte bearbeiten. Die Auszubildenden wohnen während dieser Zeit im sogenannten Lehrlingshaus direkt neben der Schule.
Am Dienstag zeigte uns Herr Grinschgl die Landesberufsschule Eibiswald. Die Schule wurde vor ca. 60 Jahren – ursprünglich für Kfz- und Radiomechanik – gegründet, der Unterricht wird mit 45 Lehrern realisiert. In vier Lehrgängen zu je 9 1/3 Wochen werden jeweils 380 Auszubildende in durchschnittlich 14 Klassen beschult. Die Auszubildenden haben 48 Wochenstunden, welche sich aus Fachtheorie, Betriebswirtschaftslehre und Laborunterricht zusammensetzen. An der Schule sind Labor-, PC- und Unterrichtsräume vorhanden. In den Praxis-Laboren unterrichten die Lehrer maximal 12 Schüler.

 Abb. 1: Landesberufsschule Eibiswald

 

Diese Berufsschule hat die Aufgabe, die Auszubildenden in den folgenden Bereichen zu beschulen: 

  • Audio-Videoelektronik

  • EDV-Systemtechnik

  • EDV-Telekommunikation

  • Elektroinstallationstechnik

  • Elektronik

  • Elektromaschinentechnik

  • Elektroenergietechnik

  • Informationstechnik

  • Informatik

  • Nachrichtentechnik

  • Mechatronik

Anders als in Niedersachsen gibt es hier keine anderen Schulformen außer der Berufsschule, es finden keine Berufsorientierungs-, Sprachlern- oder Integrationskurse statt, alle Schüler stehen in einem Ausbildungsverhältnis.

Da die Schüler an den Werktagen direkt neben dem Schulgebäude im „Lehrlingshaus der Wirtschaftskammer Steiermark in Eibiswald“ untergebracht sind, kommen im Unterricht Verspätungen oder Fehlzeiten kaum vor. Die Schule macht einen sehr sauberen und gepflegten Eindruck, sowohl die Schüler als auch die Lehrer scheinen sich gut mit der Schule zu identifizieren. Der Unterricht wird zu 2/3 in Fachtheorie und zu 1/3 im Labor durchgeführt, hier unterrichten die Lehrer maximal 12 Schüler.

Abb. 2: Laborunterricht in der Landesberufsschule

 

Das Lehrlingshaus befindet sich in einem alten Schloss direkt neben der Landesberufsschule. Alle Räume wurden hier vor kurzer Zeit renoviert, den Schülern stehen 4-Bett- und 6-Bett-Schlafräume zur Verfügung.

Abb. 3: Schlafräume Lehrlingshaus

 

Bernhard Prangl - der Heimleiter des Lehrlingshauses - arbeitet eng mit der Schulleitung der Landesberufsschule zusammen. Bei Problemen der Auszubildenden mit dem Unterrichtsstoff wird im Lehrlingshaus der Förderunterricht durchgeführt, bei persönlichen Problemen können außerschulische Mentoren zu Rate gezogen werden.

 Die Heimleitung zeigte sich sehr kooperativ und machte den Vorschlag, dass die zukünftigen deutschen Auszubildenden während des Austauschs gerne im Lehrlingshaus übernachten dürfen.

Die Auszubildenden haben im Lehrlingshaus sehr gute Möglichkeiten der aktiven Freizeitgestaltung. Es stehen eine Sporthalle, ein Fitnessraum, eine Kegelbahn, Tischtennisplatten, Kickertische, eine Sauna und ein Außersportgelände zur Verfügung. Für die sportliche Betätigung unterstützen Sportlehrer, es wird jährlich ein Sporttag mit Schüler-Wettbewerben durchgeführt.

Abb. 4: Fitnessraum im Lehrlingshaus    Abb. 5: Kegelbahn im Keller des Lehrlingshauses     

         

Abb. 6: Sportplatz des Lehrlingshauses

 

Am Dienstagabend fuhren wir nach Radegund in der Nähe von Graz und bezogen unsere Pension, um am nächsten Morgen die Ausbilder in zwei Betrieben zu treffen. Abends gab es ein Gewitter, wir gingen daher lediglich im Dorf in eine Gastwirtschaft zum Essen.

Am Mittwochmorgen trafen wir uns bei der Firma AVL List in Graz mit Christoph Urthaler, dem Leiter und Koordinator für die Lehrlingsausbildung. AVL List ist ein Unternehmen, das Prüfstände für Lkw- und Pkw-Motoren herstellt und diese weltweit an alle Automobilhersteller vertreibt. Die Firma hat in Österreich 3400 Mitarbeiter, weltweit sind es ca. 8500. Jedes Jahr werden in Graz ca. 110 Auszubildende eingestellt, davon 2/3 im Bereich Elektro- und Metalltechnik, 1/3 im Büro. AVL besitzt in der technischen Abteilung eine eigene Ausbildungswerkstatt, in der zwei Ausbilder tätig sind. Uns wurde ein Film und eine Präsentation über die Ausbildung bei AVL List gezeigt, anschließend hatten wir Gelegenheit, die Ausbildungswerkstatt zu besichtigen und mit den Ausbildern zu sprechen.

 Abb. 7: Ausbildungswerkstatt AVL List (Metalltechnik)    Abb. 8: Aubildungsw. AVL List (Elektrotechnik)

                                    

Die Firma AVL verfügt über gute Auslandskontakte und gibt den eigenen Auszubildenden Gelegenheit, bei guten Leistungen die Dependancen im Ausland kennenzulernen. Eine Kooperation mit der BBS Neustadt/Rbge kann sich der Ausbildungsleiter gut vorstellen, er wäre auch bereit, deutsche Auszubildende für einen Zeitraum von 4 – 6 Wochen in der Ausbildungswerkstatt zu betreuen.

Abb. 9: Gespräche mit Ausbildern von AVL List, Graz

  

Am Mittwochnachmittag trafen wir Roland Föchterle von der Firma Elektro Föchterle. Die Firma ist ein kleiner Handwerksbetrieb direkt in der Innenstadt von Graz. Jedes Jahr werden drei Auszubildende für Elektroinstallation eingestellt. Herr Föchterle zeigte uns voller Stolz sein Elektrolabor, welches er neu eingerichtet hat, um seine Auszubildenden und Mitarbeiter betriebsintern schulen zu können.

Abb. 10: Laborraum Elektro Föchterle, Graz   -    Abb. 11: Schulungsraum Elektro Föchterle, Graz

                             

Die Auszubildenden werden an Samstagen von ihm geschult, sie bauen Schaltungen auf und planen am PC eigene Projekte. Wir waren positiv beeindruckt, dass ein Handwerksbetrieb viel Geld für die Errichtung und Ausstattung eines Schulungsraums investiert. Herr Föchterle hat Elektrotechnik studiert und den Betrieb von seinem Vater übernommen. Er vertritt die Auffassung, dass sein Betrieb nur dann zukunftsfähig ist, wenn seine Mitarbeiter sehr gut ausgebildet und ständig durch Schulungen auf den neuesten technischen Stand gehalten werden.

Auch er ist gerne bereit, mit der BBS Neustadt/Rbge eine Kooperation einzugehen und würde gerne deutsche Auszubildende für sechs bis acht Wochen betreuen.

Anschließend hatten wir einige Stunden Freizeit und die Gelegenheit, die Innenstadt von Graz zu erkunden. Wir wurden von Herrn Grinschgl begleitet. Er empfahl uns, auf den Schlossberg zu fahren, um die Aussicht über Graz zu genießen und den Uhrenturm – ein Wahrzeichen von Graz - zu besichtigen.

Graz ist die Landeshauptstadt der Steiermark und hat ca. 280.000 Einwohner. Graz hat ist ein wichtiger Standort für internationale wie nationale Unternehmen. Der Zentralraum Graz erwirtschaftet mehr als ein Drittel der industriellen Wertschöpfung des Bundeslandes Steiermark und bietet mehr als 40 % der steirischen Arbeitnehmer einen Arbeitsplatz. Graz und die Steiermark sind Österreichs Innovationszentrum und Technologiefabrik, jede dritte High-Tech-Innovation in Österreich kommt aus dieser Region (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Graz). Die Beschäftigungsaussichten für die Auszubildenden im Bereich Elektro- und Metalltechnik sowie Mechatronik sind sehr gut.Am Abend gingen wir einem Grazer Wirtshaus zum Essen und konnten österreichische Spezialitäten genießen.

 Am Donnerstag fuhren wir mit dem Leihwagen nach Wien zurück und hatten diesen Tag Zeit, die Landeshauptstadt Österreichs zu erkunden. Da wir am Abend den Leihwagen am Flughafen abgeben mussten, hatten wir nur wenige Stunden Zeit. Daher entschlossen wir uns, eine Stadtrundfahrt durch den historischen Stadtkern zu buchen. Wien ist Bundeshauptstadt und hat über 1,8 Millionen Einwohner, im Großraum leben etwa 2,6 Millionen Menschen. Es können hier zahlreiche Sehenswürdigkeiten besichtigt werden, wir hatten nur Zeit, den Stephansdom und die Innenstadt zu erkunden. Natürlich standen die Nationalgerichte Kaiserschmarrn und Wiener Apfelstrudel auf unserem Speiseplan, die wir in einem kleinen Restaurant genießen konnten.

 Abb. 12: Uhrenturm Graz        Abb. 13: Innenstadt Graz

  

 

 Abb. 14: Innenstadt Wien                Abb. 15: Kunsthistorisches Museum Wien

   

Am Donnerstagabend fuhren wir zum Wiener Flughafen, gaben unseren Mietwagen ab und checkten im Hotel NH Wien Flughafen ein. Am Freitagmorgen ging unser Flug um 6:35 Uhr Richtung Hannover, wir konnten leider im Hotel um diese Zeit nicht frühstücken und checkten am Terminal ein.

Mit vielen positiven Eindrücken und mit der Hoffnung, dass die Kooperation mit Eibiswald realisiert wird, kamen wir in Hannover an und beendeten unsere Reise.

Ein paar Tage später bekam ich vom stellvertretenden Schulleiter Gernot Grinschgl der Landesberufsschule Eibiswald die Nachricht, dass uns im Herbst 2016 die Kollegen aus Österreich besuchen werden. Einer Kooperation der beiden Schulen Neustadt/Rbge und Eibiswald steht demnach nichts im Wege.

 

Verfasser: Reiner Kochanke